"Ein großer Koffer voller Ideen begleitet mich." (Zitat einer Studentin)
Ein weiteres Mal durften KPT -StudentInnen zu Gast in den Räumlichkeiten des AIB sein. Im Rahmen des Projekts 'dialogisches Malen' unter der Leitung von Prof. Beatrice Cron und Oliver Hollatz, haben wir durch die Verbindung von Malerei und Bewegung neue Resonanzerfahrungen gemacht. Angeleitet von Bennie Bartels und Claudia Huismann, mit Tanz und Musik, erweiterten wir forschend die Beziehung von Farbe, Fläche und Linie. Eine besondere Rolle spielte der emotionale Zugang. Dabei mussten wir lernen unsere persönlichen Erwartungen loszulassen und machten innerlich Platz für den ungewohnten Prozess eine neue Bildsprache zu entdecken. In der Gruppenarbeit testeten wir Grenzen aus, was zuweilen anstrengend und frustrierend war, aber mit künstlerischem Selbstbewusstsein belohnt wurde. (Maria Zastrau)
Wir danken allen Beteiligten, die dies trotz der erschwerten Umstände ermöglicht haben!
Ein Erfahrungsaustausch eines zweiwöchigen Intensiv-Projektes mit Studierenden aus dem BA Kunst Pädagogik Therapie Studiengang der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft zum Thema dialogisches Malen.
„Sinn als geistige Orientierung wird dem modernen Menschen nicht mehr von außen gegeben, er wird vielmehr zur Aufgabe, muss gefunden und gegeben werden. Ebenso sind die Sinne heute nicht mehr gegeben, sondern werden zur Gestaltungsaufgabe. Beide Aufgaben aber bedeuten, wenn sie ergriffen werden, den Menschen als wandelbares Wesen in einer wandelbaren Welt zu erhalten.“ Dietrich Eterl: S.12
Die Gestaltungsaufgabe ein Bild zusammen zu entwickeln, ohne sich erst ein Konzept zu machen, sondern auf die Impulse und Setzungen seiner Mitspieler zu reagieren und wirklich in einen Dialog zu treten, heißt tatsächlich in ein Gespräch mit und über die Leinwand in ein Geschehen und eine Handlung einzusteigen. Es ist wie im richtigen Leben! Es gibt den, in diesem Falle Studenten des Studienganges BA Kunst Pädagogik Therapie in der Alanus Hochschule, Alfter, eine ganz neue Perspektive auf den künstlerischen Prozess und ihre eigenen Fähigkeiten.
Der malerische Dialog entwickelt sich nonverbal, oder auch in Absprache zwischen zwei oder mehreren Personen für die Gestaltung eines gemeinsamen Bildes. Das Bild kann zu einer „gegenständlichen“ Darstellung führen, die eine Geschichte erzählt oder auch zu einer „abstrakten“ Komposition, in der Formen, Linien und Farben in eine Beziehung zueinander treten.Durch die Eindrücke, Bewegungen, Richtungen, das Aufeinandertreffen von Impulsen und den dadurch oft immerwährenden Wandel auf der Leinwand, die im dialogischen Malen ergeben, kann eine ganz eigene Choreographie entstehen. Gruppenprozesse werden ablesbar:
Wer hat das Sagen? Wer folgt, wer führt...wer passt sich an? Oft ist es eine spontane Eingebung, was für das Entstehende gerade richtig ist, dann kann es aber auch zu Absprachen und Verständigung führen, in welchem der nächste Schritt geplant wird. Rollenwechsel der Teilnehmer sind ganz natürlich und aus der Sache heraus geboren.
Was aber bedeutet es für den Prozess und das Ergebnis, wenn wir auf die alleinige Autorenschaft verzichten und dadurch stärker miteinander und voneinander lernen, auf Kompetenzen vertrauen und nicht alles alleine verantworten und tun müssen?
Durch die Mehrfach-Autorenschaft entfacht sich eine ganz eigene Dynamik, die kreative Prozesse befördert und zwar durch die Entwicklung, Gestaltung und das Sichtbarmachen von sozialen Interaktionen.
Es ist zu beobachten: wie bin ich im Prozess der Bildentstehung beteiligt, will ich, muss ich sichtbar sein oder bin ich beispielsweise in der Entscheidung für Gestaltungsaspekte aktiv involviert, aber im Ergebnis nicht unbedingt sichtbar?
Um was geht es denn eigentlich?
Ist es das Endergebnis: ein gutes Bild zu erzielen! Lass ich den Anderen den Vortritt für die Qualität des Bildes? Bin ich kompromissfähig? Erkenne ich mein Potential und kann es einsetzen, wird es von den Teammitgliedern gesehen und sehe ich deren Potenziale ...?
Durch solche Fragen fordert diese Art von Malen ein hohes Maß an Toleranz, Respekt, aber auch Durchsetzungsvermögen sowie Liebe zum künstlerischen Prozess. Flexibilität ist ein Muss sowie eine Bereitschaft je nach Bedarf auch immer wieder ins Gespräch zu gehen, wenn die Gruppendynamik es einfordert.
Dazu eine interessante Bemerkung einer der teilnehmenden Studentinnen: „Gemeinschaft, Anpassung, Kommunikation sind drei ganz essentielle Schlagwörter für das Dialogische Malen: Sich selbst dazugehörig zu erleben, seinen Platz in der Gruppe finden und sich bei jeglichen Herausforderungen adäquat anpassen. Hierbei habe ich gelernt, dass nicht nur die verbale Kommunikation eine Rolle spielt, sondern vielmehr die nonverbale Ebene eine Sprache ist, die der Gruppe ermöglicht, ihre verschiedenen Rollen und Muster von jedem Einzelnen zu finden.“ (Nina Panzer)
Es entsteht ein malerischer Tanz im besten Falle, gerade bei Großformaten. Gerade der Paartanz ist eine gute Analogie zum Dialogischen Malen. Sich führen lassen und führen sind genau die Rollen, die im fortwährenden Wechsel probiert und ausgeführt werden und wo das gegenseitige Vertrauen eine große Rolle spielt um einen guten und fruchtbaren Dialog zu schaffen.
„Sich fallen lassen, nicht verkopft sein, seinen Körper malen lassen... In den meisten Fällen lasse ich meinen Kopf den Pinsel führen. Im dialogischen Malen über mehrere Tage lernte ich, dass der Körper eine freie Verbindung mit der Hand hat und zulässt wie sich z. B. über rhythmische Klänge ( sei es von Instrumenten oder einfach nur der Klang vom Stift auf das Auftreffen des Papiers) sich voll und ganz in den Moment zu vertiefen und sich zu verbinden. “ (Nina Panzer)
Die Dialogform muss sich gar nicht nur im gleichen Medium abspielen, sondern kann durch eine Interaktion z.B. mit Tanz eine ganz spielerische Note dazu bekommen, bei des es sehr leicht ist, in den sogenannten Flow zu kommen, den Kopf auszuschalten und ganz in die Bewegung einzutauchen, auch ein Gegenüber zu haben, welcher mitagiert, fördert oder hindert...
„Als ich in einem Team von 3 Personen zusammen auf einer Großleinwand gemalt habe, habe ich erfahren...wie ich mich durchsetzen muss, ab
er auch Kompromisse eingehen und offen für Neues sein kann. Es ist wichtig sich abzusprechen und rücksichtsvoll zu sein, aber trotzdem auch mutig und einfach mal einen neuen Impuls einbringen. Vielleicht wird dieser mit nicht so viel Begeisterung angenommen, aber kann auch als Herausforderung gesehen werden. Ich habe mich zu dritt sicher gefühlt, weil wenn einer nicht weiterwusste, konnte immer jemand anderes etwas Neues einbringen. Es ist ein Zusammenspiel und man lernt sich kennen. Wie bin ich in einer Gruppe? Bin ich dominant und selbstbewusst oder passe ich mich nur an und folge den Impulsen der Anderen. Wie nutze ich die Materialien, bin ich vorsichtig oder mutig? “ (Lara Dabbous )
Denn alles, was mit so einer Intensität und Dichte erfahren wird, ist in der Wahrnehmung der Akteure viel lebendiger, selbständiger und vielfältiger, spricht zu uns, lässt uns eine wahrhafte Begegnung mit sich, dem malerischen Prozess und den Mitwirkenden erfahren.
„Das Schöpferische erfordert in hohem Maße bewusstes Sein. Bewusstes Sein ist nie bloßes Wiederholen von bereits Gedachtem. Das Schöpferische ist nicht Neuordnen oder Synthese von Altem, es muss immer erfüllt sein von lebendigem Fühlen und Denken, das heißt von Keimhaftem, Potentiellem.“ Hartwig Volbehr: S.97
Bereits im Frühjahr 2020 haben sich die Studierenden des Studiengangs Kunst-Pädagogik-Therapie im Malerei-Projekt dem Thema Resonanz in einem dialogischen Prozess genähert. Einen bildlichen Rückblick erhalten Sie hier.
Literatur:
Volbehr, Hartwig: Spannungsfeld Kunst, Berlin, Mayer Verlag 1997 Eterl, Dietrich: Spannungsfeld Kunst, Mayer Verlag 1997
Zur Autorin: Beatrice Cron
1961 in Basel, 1982 in der Schule für Gestaltung Basel aufgenommen. Anschließende malerische Entwicklung durch ihre Lehrjahre 1983-1987 bei dem Italiener Beppe Assenza und dem Australier Paul Pollock.1988 Umzug nach Deutschland, 1991 für acht Jahre nach Brasilien. Zahlreiche Ausstellungen in und um Sao Paulo und eine intensive kunstpädagogische Tätigkeit prägten diese Zeit. Ende 1998 reifte der Entschluss nach Europa zurückzukehren. Die folgenden sechs Jahre in Hagen, schwerpunktmäßig freischaffend tätig, wurden ergänzt durch internationale Künstleraustauschprojekte, sowie kunstpädagogische Lehrtätigkeit, auch im Rahmen von Kunsttherapie Schulen. Seit 2011 Professorin für Malerei an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft.