EN
Studienbereiche
Architektur studieren
Eurythmie studieren
Kunst studieren
Kunsttherapie studieren
Pädagogik studieren
Philosophie studieren
Schauspiel studieren
Wirtschaft studieren

Zentrale Ergebnisse der Trialog Evaluation

Professionalisierungsprozesse in Waldorfkindergärten. Bildungsdokumentation anhand des Verfahrens „Trialog“.

Ein mehr als dreijähriger Forschungsprozess neigt sich dem Ende: am 17.11.2023 wurden im Rahmen der Mitgliederversammlung der Vereinigung der Waldorfkindergärten zentrale Ergebnisse des Trialog Evaluationsverfahrens vorgestellt.

Drei Grundfragen standen ab März 2020 im zentralen Fokus des Projektes:

  1. Wie ist Bildungsdokumentation in Waldorfkindergärten aufgestellt (Schaffung von Transparenz)
  2. Wie gelingt die praktische Umsetzung des Instrumentes im Alltag? (Evaluation des Verfahrens)
  3. Welche Effekte kann die regelmäßige Anwendung des Instrumentes auf den Ausbau von individuellen Ressourcen haben (Untersuchung des Professionalisierungsprozesses)

19 Kindergärten aus allen Bundesländern haben sich nach einem Aufruf im Frühjahr 2020 gemeldet, um als Piloteinrichtung an dem Projekt mitzuwirken, welches durch die Vereinigung der Waldorfkindergärten, der Software Ag Stiftung, der Mahle Stiftung, der Waldorf Stiftung und der Helmut von Kügelen Stiftung finanziert und durch Prof. Dr. Stefanie Greubel und Cornelia Jachmann aus der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft wissenschaftlich verantwortet und durchgeführt wurde.

Mitten im ersten Corona Jahr machten sich die Mitglieder der Einrichtungen auf den Weg, um sich in ihrem Team intensiv mit dem Instrument auseinanderzusetzen und in der Praxis zu erproben. Begleitet wurden Sie durch das Evaluationsteam Greubel und Jachmann, die in regelmäßigen Abständen mit den Teams in Kontakt standen und sie zu mehreren Zeitpunkten im Erhebungsverfahren anhand online-Fragebögen und Gruppendiskussionen zu ihren Erfahrungen, Einstellungen und selbst eingeschätzten Kompetenzen befragten. Flankierend zu den Piloteinrichtungen wurden die Vertreter:innen der Regionen, Eltern aus Waldorfkindergärten und die Gesamtheit der pädagogischen Mitarbeitenden von Waldorfkindergärten in Deutschland befragt. Das Evaluationsdesign basiert auf einem wissenschaftlichen Verständnis der Prozessorientierung zur Erzeugung von Handlungswissen und zur Unterstützung der pädagogischen Praxis und bedient sich des mixed method designs, welches unterschiedliche Erhebungsinstrumente kombiniert. Zur wissenschaftlichen Unterstützung und Beratung wurde ein wissenschaftlicher Beirat mit professoralen Mitgliedern aus Hochschulen unterschiedlicher Bundesländer eingesetzt. Als zentrale Ergebnisse können festgehalten werden.

1.) Die befragten Kolleg:innen der Piloteinrichtungen zeichnen sich durch eine hohe Anstrengungsbereitschaft und einen hohen Team- Zusammenhalt sowie einem gemeinsamen Verständnis über Pädagogik aus. Sie sind jedoch auch mit einem hohen Stress-Level konfrontiert und erleben sich (bestätigend auch im weiteren Erhebungsprozess) als sehr belastet und teils überfordert mit der Vielfältigkeit ihrer Aufgaben.

Ihnen ist die regelmäßige Beobachtung und Dokumentation als auch die Reflexion über Entwicklungsprozesse der Kinder wichtig. Vor Nutzung des Trialog Verfahrens bezogen sich die Pädagog:innen zu großen Teilen auf eigene Dokumentationsverfahren als auch auf das Vorläufermodell des Trialogs: „Dialog“.

2.) Trotz hohen Engagements der Kolleg:innen aus den Piloteinrichtungen und den regelmäßigen Treffen des Austauschs unter den Einrichtungen verlief der Prozess der Einführung des Instrumentes eher schleppend. Die Kolleg:innen vor Ort klagten vor allem über zu wenig Zeit im Alltag, über andere neu hinzu gekommene Prioritäten, die den Fokus verlagerten, über eine persönliche Überlastung und die Umstände der Corona Pandemie. Aber auch Unklarheiten in der Anwendung des Trialogs wurden genannt. Demgegenüber stand die eigene intrinsische Motivation durch die Anwendung des Trialoges mehr über die Kinder zu erfahren und die individuelle Professionalität zu stärken.

Nach zwei Jahren Erprobungszeit reduzierte sich die Untersuchungsgruppe, die zur Befragung zur Verfügung stand, um etwa die Hälfte. Die hohe Mobilitätsrate in diesem Feld als auch die hohe Arbeitsbelastung sind als Gründe für die Verkleinerung der Stichprobe zu nennen. Diejenigen, die sich aber über den Untersuchungszeitraum intensiv mit Trialog beschäftigt haben, bezeugen mit einer großen Mehrheit eine hohe Bereicherung durch die Anwendung für den pädagogischen Alltag. Vorteile werden von dieser Gruppe vor allem gesehen in

  • der Ermöglichung gezielten Beobachtens
  • der Klarheit über ein Vorgehen, Rückgriff auf ein Verfahren
  • der Vorbereitung und Durchführung von Elterngesprächen
  • der Zusammenarbeit mit den Eltern
  • der Übergangsgestaltung

Aber auch diejenigen, die bis zum Schluss des Untersuchungszeitraumes noch nicht gänzlich vertraut mit dem Verfahren sind sehen Vorteile in

  • dem wertschätzenden Blick auf das Kind
  • der Reflexion des eigenen pädagogischen Handelns
  • der Beschäftigung mit der Kindperspektive

Herausforderungen sehen beide Gruppen in der Vereinbarkeit mit zeitlichen Ressourcen.

Gesamtüberblickend lassen sich nur geringe Veränderungsbedarfe hinsichtlich des Instrumentes selbst, vor allem aber in der Gestaltung der Rahmenbedingungen identifizieren. So ist die Fokussierung auf eine ausführliche (auch prozessbegleitende) Instruktion des Trialogs als auch auf das Schaffen von entlastenden Arbeitsbedingungen zu raten. Die Rückmeldungen im offenen Fazit stimmen von einer überwältigenden Mehrheit an positiven Aussagen über die Qualität des Verfahrens: Von 45 abschließenden Kommentaren äußerten sich 27 positiv, 14 neutral (positive Sicht auf Trialog aber kritischer Blick auf nötige Zeitressourcen) und 4 negativ.

3.) Eine kleine Gruppe von Kolleg:innen konnte durchgehend vom ersten bis zum letzten Erhebungszeitpunkt und besonders hinsichtlich der Einschätzung des eigenen Professionalisierungsprozessen befragt werden. Diejenigen, die sich intensiv in das Verfahren einarbeiten konnten, schätzen sich zum letzten Erhebungszeitpunkt statistisch bedeutsam kompetenter hinsichtlich des Kompetenzbereiches „Wissen im Bereich pädagogischer Fähigkeiten“ ein. Dazu gehörten Einschätzungen zu

  • Kenntnisse über Methoden der Zusammenarbeit mit Familien
  • Kenntnisse von Theorien der Kommunikation und Geschäftsführung
  • Kenntnisse über Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren
  • Kenntnisse über Förderungsmöglichkeiten elterlicher Erziehungskompetenzen
  • Kenntnisse über rechtliche Rahmenbedingungen

Außerdem unterschied sich die Gruppe der „Trialog Vertrauten“ zum letzten Erhebungszeitraum in diesem als auch in allen anderen abgefragten Kompetenzbereichen (Empathiefähigkeit, Teamqualität, Selbstreflexion, forschende Haltung, Partizipation, Erkennen von Konsequenzen, Analyse von pädagogischen Situationen und Kommunikation) durch höhere Zustimmungswerte von der Gruppe derjenigen, die noch nicht gänzlich vertraut mit dem Instrument waren. Statistisch bedeutsam zeigt sich dieser Unterschied in der Selbsteinschätzung der Kompetenzen „Wissen im Bereich pädagogischer Fähigkeiten“, „forschende Haltung“ und „Partizipation von Akteuren im Beobachtungs- und Dokumentationsprozess“ als auch im Gesamtwert aller abgefragten Kompetenzbereiche.

Es zeigt sich durch diese Berechnungen in der kleineren Stichprobe ein Effekt in der Selbstwahrnehmung eigener Kompetenzen. Nach vorliegender Datenlage gibt es einen Zusammenhang zwischen der intensiven Beschäftigung und Anwendung von Trialog mit dem eigenen Verständnis des Professionalisierungsprozesses.

Zusammenfassend kann Trialog als ein Instrument zur Beobachtung und Dokumentation betrachtet werden, welches an seine Anwender:innen hohe Erwartungen stellt, zu Selbstreflexionsprozessen anregt und die Zusammenarbeit mit Eltern sowie den Blick auf das Kind bereichern kann. Es braucht jedoch eine sehr gute und idealerweise prozessbegleitende Instruktion und Rahmenbedingungen, die für Beobachtung und Dokumentation mehr Zeit vorsehen.

Der Dank des Evaluationsteams gilt allen beteiligten Piloteinrichtungen, die sich trotz der unberechenbaren Corona Situation auf das Projekt sehr engagiert eingelassen haben! Dazu gehören die Mitarbeitenden der Einrichtungen Waldorf-Naturkindergarten Vogtsbug-Burkheim, Waldorfkindergarten und Wiegestube Philippsburg-Rheinsheim, Kinderkrippe der Freien Waldorfschule Schwäbisch Hall, Waldorfkindergarten Bad Endorf, Waldorfkinderhaus Tutzing, Waldorfkindergarten Berlin-Kreuzberg, Waldorfkindergarten „Zaubernuss“ Schildow, Kindergarten der Freien Waldorfschule Werder, Waldorfkindergarten „am Hochwald“ Kleinmachnow, Waldorfkindergarten Bremen, Waldorfkindergarten Witzenhausen, Waldorfkindergarten Seewalde Wustrow, Waldorfkindergarten „Hof Medewege“ Schwerin, Waldorfkindergarten Aurich, Waldorfkindergarten „Pusteblume“ Grafschaft, Waldorfkindergarten Bexbach, Waldorfkindergarten Radebeul, Waldorfkindergarten „Bodekiesel“ Thale und Waldorfkindergarten Norderstedt.

Das Projektteam wurde in allen Einrichtungen entweder virtuell oder teils auch persönlich sehr herzlich empfangen und es ergaben sich wundervolle Gespräche und daraus entstehende bereichernde Kontakte. Wir schätzen den Einsatz und würdigen die viele Arbeitszeit, die in die Beantwortung der Fragebogen geflossen ist!

Stefanie Greubel


Kontakt für Presseanfragen:
+49 (0)2222 9321-1944
presse@alanus.edu

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!

Sie erhalten monatlich ausgewählte Veranstaltungen und News der Alanus Hochschule direkt in Ihren Posteingang.

--> Newsletter abonnieren